Die WAZ berichtete über unser Screening des ethnofiktionalen Films „Deutschlandfiction“ am 24.10.2019:

Hier gibt es den Scan des Berichts zum Download

 

 

 

von Burcu Demirci und Mahur Hesamiashrafi

Am Donnerstag, den 24.10.2019, 16.00 Uhr hatten wir zum Schauen des ethnofiktionalen Films „Deutschlandfiction“ in unsere Einrichtung am Brunnenplatz eingeladen (Gesundheitsforum_24_10_Plakat). Der knapp 20-minütige Film behandelt die Erfahrungen der beiden Geflüchteten Prince Kani und Muhammed Conteh mit der deutschen Bürokratie und die Auswirkungen von belastenden Erlebnissen auf Alltag und Wohlbefinden. Als Prince etwa von seinem Sachbearbeiter mitgeteilt bekommt, dass er leider nicht im digitalen System der Behörde zu finden sei und Deutschland daher wohl bald verlassen müsse ist das ein Schock für den jungen Gambianer. Zu diesem Zeitpunkt ist er erst ein paar Monate in Deutschland und geht davon aus, dass er seinen Asylantrag fristgerecht eingereicht hat. Weil er noch nicht so gut Deutsch spricht, ist Prince unsicher in der Interaktion mit dem unfreundlich wirkenden Sachbearbeiter. Als diese seine Unsicherheit bemerkt, rät ihm mal besser schnell Deutsch zu lernen‘, wenn er hier bleiben wolle. Im Anschluss an das Zeigen des Films tauschten sich die Bewohnerinnen und Bewohner der Hustadt/Querenburg, Studierende und Akteure aus sozialen Einrichtungen über ihre Erlebnisse mit und unterschiedliche Sichtweisen auf die deutsche Bürokratie aus.

 

Der Film,der 2016 produziert wurde und 2017 erschienen ist, war ein Teil von Janas Masterarbeit. Obwohl ‚Deutschlandfiction‘ auf den Erfahrungen von Prince und Muhammed beruht, ist er kein Dokumentarfilm im eigentlichen Sinne. Jana Eiting, die sich sowohl als ethnographische Forscherin als auch als Künstlerin versteht, begleitete die jungen Männer nicht bei ihren Behördengängen, sondern stellte mit ihnen in der Vergangenheit gemachten Erlebnisse mit Laienschauspielern nach.  Zusammen kreierten, inszenierten und improvisierten sie zwei Termine bei der Ausländerbehörde und zeigen wie die Behandlung durch die Angestellten das alltägliche Leben und das psychische Wohlbefinden der zwei Hauptcharaktere beeinflussen.

 

„Sobald ein Deutscher ohne Migrationshintergrund dabei ist, wird anders mit einem umgegangen“

 

Im Anschluss an das Filmscreening teilten die Teilnehmer*innen der Veranstaltung ihre Erfahrungen und berichteten von ähnlichen Situationen. Einige BewohnerInnen der Hustadt hatten sehr ähnliche Erfahrungen im Ausländerbüro gemacht. Viele bemängelten die Unfreundlichkeit der Sachbearbeiter*innen. Eine Teilnehmerin bemerkte dazu: „Sobald ein Deutscher ohne Migrationshintergrund dabei ist, wird anders mit einem umgegangen. Viel freundlicher und hilfsbereiter“. Einige Diskussionsteilnehmer*innen teilten den Eindruck, dass Personen, die nicht gut deutsch sprechen, oft weniger Hilfe bekommen. Angesprochen wurde auch der Arbeitskräfte- und Ressourcenmangel der jeweiligen Behörden. Interkulturellen Kompetenzen der Mitarbeiter*innen könnten die Qualität der Services weiter verbessern. Als mögliche Lösungsansätze wurde vor allem eine Aufstockung des Personals, aber auch Schulungen und Fortbildungen wie beispielsweise interkulturelles Training diskutiert.

 

Jana, Prince und Muhammed berichteten zudem davon wie sie ‚Deutschlandfiction‘ gemeinsam konzipierten und mit der Methode ‘Ethnofiktion’ experimentierten. Die drei trafen alle Entscheidungen bezüglich der Handlung zusammen, jedem war es erlaubt zu filmen als auch vor die Kamera zu treten. Während des Prozesses entdeckte jede/r von ihnen seine/ihre eigene Rolle und Expertisen. Muhammed und Prince wollten ihr Wissen und ihre Erfahrung als Geflüchtete in Deutschland teilen und übernahmen die Verantwortung für den Plot und die Filmhandlung.

 

Die Anwesenden waren beeindruckt, inwieweit Erfahrungen und Situationen im Film authentisch repräsentiert werden und zeigen, wie sich die Betroffenen fühlen und welche Gedanken ihnen durch den Kopf gehen. Es wurde deutlich, dass Situationen, wie die von Prince erlebte, den Verlauf eines Lebens beeinflussen und gravierende Auswirkungen auf die Zukunft haben können. Mittlerweile studiert Prince Kani ‘Business and Economics’ an der Kiron Universität und ist ein aktives Mitglied von ‘Jugendliche Ohne Grenzen’. Muhammed Conteh macht eine Ausbildung zum Sozialassistenten.

Unter dem Motto ‚Heimat-Essen-Wohlbefinden‘ bot das QUERgesund-Team an seinem Stand kostenlos somalische Spezialitäten an.